Betriebswirtschaftliches zu Industrie 4.0

Ein höchst informatives, praxisnahes, motivierendes wie nachdenklich stimmendes Symposium „Unternehmenssteuerung im Zeitalter von Industrie 4.0“ habe ich gestern gemeinsam mit mehr als 80 Teilnehmern in Ulm erlebt. Einhellige Meinung von Referenten wie Zuhörern: Es geht längst nicht mehr um das „ob“ bei-Industrie-4.0-Mitmachen, sondern ausschließlich um das „wie?“. Hier zeigten Beispiele aus Unternehmen, dass nicht alles, was (technisch) möglich ist, sondern „das Richtige“ zu tun ist. Aber: Wie findet man das?

I4_0 2015 Plenum

Veranstalter des Symposiums waren das International Performance Research Institute (IPRI) und das Institut für Technologie und Prozessmanagement der Universität Ulm (ITOP) in Zusammenarbeit mit der IHK Ulm und dem Internationalen Controller Verein (ICV). ICV-Mitglieder kamen übrigens auch bei dieser Veranstaltung in den Genuss einer ermäßigten Teilnahmegebühr.

Prof. Dr. Mischa Seiter (IPRI, ITOP) führte in das Thema ein und moderierte souverän die Tagung. Eingangs stellte sein IPRI-Kollege, Marc Rusch, den Arbeitskreis Industrie 4.0 mit seinen ersten Arbeitsergebnissen vor. Das waren vor allem Umfrageergebnisse unter den Arbeitskreismitgliedern. Unter anderem sei dabei deutlich geworden, dass Logistik und Produktion am stärksten von Veränderungen durch Industrie 4.0 betroffen sein werden und dass in neuen Geschäftsmodellen und in der Produktion die größten Potenziale für die Unternehmen gesehen werden. Außerdem stellte er erkannte Hauptbarrieren bei der I4.0-Implementierung vor.

Philipp Raunitschke von der Firma ESTA stellte unter der provokatorischen Überschrift „Zeitverschwendung oder Notwendigkeit?“ das Herangehen seines eher kleineren KMU an I4.0 vor. Sein Resümee: „Wir haben nicht vor alles zu tun, was technisch möglich ist, sondern das Richtige.“ Die Beschäftigung mit I4.0 lohne so den betriebenen Aufwand. „Wir sind uns sicher, die Zukunft wird uns Recht geben.“

Harald Klaiber, Mitglied der Geschäftsführung & CFO der Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH, zeigte mit seinem faszinierenden Vortrag über das Herangehen seines Unternehmens an I4.0, es gehe längst nicht mehr um die Frage, ob man sich mit dem Thema zu befassen habe, sondern um das „Wie?“. Sein Unternehmen befinde sich in einem Transformationsprozess. Klaiber machte deutlich, dass es keinen „Blueprint“ für I4.0-Einführungen – selber spricht man bei ihm von „Digitalisierung“ – gebe, „jeder muss da seinen Weg finden“. Sein Rat: „Nicht verzetteln! Die relevanten Bereiche identifizieren und darauf konzentrieren!“

Danach stellte Dr. Maximilian Hauske vom Pumpenbauer KSB in seinem Vortrag „Einfluss des Internets der Dinge auf Geschäftsmodelle und Entwicklungstrends in der Pumpenindustrie“, u.a. eine App, KSB Sonolyzer, vor. Mit der App können vor Ort individuelle Geräusche hinsichtlich Effizienz der jeweiligen Pumpe analysiert und Wartungsempfehlungen gegeben werden.

Einen atemberaubend rasanten Überflug über „I4.0- und Big-Data-Anwendungen im Technologie- und Innovationsmanagement“ bot danach Prof. Dr. Leo Brecht (ITOP).

I4_0 2015 Gaensslen redet

Dem Thema „Controlling im Kontext von Industrie 4.0“ widmeten sich anschließend der ICV-Vorsitzende, Siegfried Gänßlen, und Goran Sejdic (IPRI), Koordinator der ICV-Ideenwerkstatt (Bild oben). Sejdic stellte die Ideenwerkstatt-Umfrage „Industrie 4.0 und Controlling” und den jüngst veröffentlichten Dream-Car-Bericht vor.  Auch bei Siegfried Gänßlen ging es um die wesentlichen, von I4.0 beeinflussten Controlling-Prozesse (angelehnt an das IGC-Prozessmodell). “Industrie 4.0 verändert das Controlling absolut“, zeigte sich Gänßlen überzeugt. „Auch hier werden Controllern viele Routinen abgenommen. Controller wiederum werden zu Veränderungstreibern.“

Zum Abschluss des Symposiums gewährte schließlich Ingo Köder von der Fa. STIHL einige grobe Einblicke in „Industrie 4.0@STIHL“: Wie I4.0 dort angegangen wird, wo STIHL inzwischen steht. Auch, wenn man dort „den Stein des Weisen noch nicht gefunden“ hat, wie Köder formulierte, gab es doch einige konkrete Schilderungen. Besonders interessant macht das der spezifische Umstand, dass STIHL eine besonders hohe Fertigungstiefe hat. Köders Fazit zu I4.0: „Wir werden nicht rennen, aber wir werden weitergehen.“

I4_0 2015 Referenten

Die ICV-Referenten Siegfried Gänßlen (links) und Goran Sejdic (rechts) rahmen die Referenten des Symposiums ein (v.l.n.r.): Marc Rusch, Mischa Seiter, Ingo Köder, Maximilian Hauske, Harald Klaiber, Philipp Raunitschke.

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