„Controlling-Denke“ und Burnout?

In der letzten Woche nahm der Verwaltungsleiter einer Burnout-Klinik, ausgebildeter Dipl. Pädagoge, an einem Controlling-Seminar für Führungskräfte teil. Bereits mit seinem “Who-is-who-Beitrag” stimmte er in diesem kleinen Führungskräfteseminar mit 6 Teilnehmern die anderen Anwesenden etwas nachdenklich. Seine Klinik sei auf die Teilnehmer des Arbeitsmarktes spezialisiert, die auf die gestiegenen Anforderungen des Arbeitsmarktes mit Krankheit reagieren und in keiner Arbeitsmarktstatistik genau erfasst würden.

Zu einem Controlling-System gehört immer auch das Vereinbaren von Zielen. Diese sollen nach der “reinen Lehre” herausfordernd und gerade eben (mit Mühe) erreichbar sein. Ebenso sollen sie unter Benchmarking-Gesichtspunkten unter Berücksichtigung von Mitbewerberdaten abgeleitet werden: möglichst “best in class”. Früher wurden diese Ziele auch überwiegend noch “top down” und “bottom up” vereinbart, d.h. der Ausführende konnte an der Zielvereinbarung mitwirken. Heute haben Ziele häufig nur noch den Charakter einer Top-Down-Vorgabe. Und wenn etwas auf Dauer immer nur mit Mühe erreichbar ist und kein entsprechender Ausgleich in der Freizeit mehr besteht, kann dann nicht fast jeder “ausbrennen”? Dieser Aspekt wurde von den anwesenden Führungskräften als größter Stressfaktor in nachdenklichen Pausengesprächen genannt: Nicht-erreichbare Top-Down-Zielvorgaben. Derjenige, der dann diese Ziele nicht erreicht wird “ausgewechselt” und ein Nachfolger steht schon bereit, diese “Herkulesaufgabe” zu übernehmen, bis auch dieser wieder ausgewechselt wird. Ein dauernder Kreislauf, teilweise unterbrochen durch Reorganisationen. So identifizieren sich Mitarbeiter zunehmend mit ihrer Arbeit, aber nicht mehr mit ihrem Arbeitgeber.

Klar, diese Art die Ermittlung von Zielvorgaben resultiert aus den Gesetzen der Marktwirtschaft, oft ein “Survival of the Fittest”. Doch, so die Meinung des Leiters des Verwaltungsleiters der psychosomatischen Klinik, sind auch “Burnout-Kranke” Kosten, die der Volkswirtschaft aus dem Wirtschaftsprozess entstehen und durch Sozialabgaben gedeckt werden müssen und damit wieder die internationale Wettbewerbsposition verschlechtern. Auch dürfte man den Wohlstand einer Volkswirtschaft (und eines Unternehmens?) nicht nur am Brutto-Sozialprodukt bzw. Gewinn messen.

Wollen und können Unternehmen, insbesondere Aktiengesellschaften mit ihren “anonymen” Aktionären, freiwillig zum Wohlstand einer “übergeordneten” Ebene beitragen, außer durch Abgaben- und Lohnzahlung, was durchaus schon ein wesentlicher Beitrag ist? Vielleicht müssen wir uns als Controller aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen zunehmend Gedanken machen, wie auch nachhaltige Wohlstandskennziffern aus der Volkswirtschaft in die Unternehmens-Balanced Scorecard übertragen werden können. Auch sind entsprechende Wohlstands-/bzw. Wohlfühlgrößen in unsere persönliche BSC übernehmen. Sustainability und “Green Controlling” weisen in die richtige Richtung.

Ergänzende Informationen finden Sie u.a. unter:

http://www.nytimes.com/2010/05/16/magazine/16GDP-t.html?_r=1&scp=2&sq=gdp&st=cse

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/messung-des-wohlstands-nicolas-im-glueck-1.32640

http://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaft/den-wohlstand-richtig-messen-411106/

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