Interview mit Georg Bach über “Erhöhung der Leitzinsen” Interview with Georg Bach about “Increasing key interest rates”

Interview mit Georg Bach, Managing Director Central Europe von The Hackett Group über die Auswirkungen der Leitzinserhöhung und die Auswirkungen auf deutsche und europäische Unternehmen.

Herr Bach, nach 11 Jahren gab es nach dem EZB-Entscheid am 8. September die eine Erhöhung des Leitzinses auf 1,25 Prozent. Wie werten Sie diese Schritte nach Jahren des Nullzinses?

Ein erwartbarer und überfälliger Schritt, um die nachhaltig hohe Inflation im europäischen Raum abzumildern. Inwieweit von diesem ersten Schritt Wirkungen ausgehen, bleibt abzuwarten. Das Signal, dass die EZB über die Zinspolitik endlich einzulenken beginnt, ist die eigentlich positive Nachricht.

Wie sehen Sie die weitere Zinsentwicklung nach diesem ersten Schritt?

Es ist davon auszugehen, dass die EZB – wie in der Vergangenheit – den Zinsschritten  der FED folgen wird. Diese hatte erst im Juni um 0,75 Prozentpunkte erhöht (auf 1,75%) was die höchste Anhebung in den USA seit 1994 bedeutet.Ich nehme stark an, dass die Zeiten der Nullzinspolitik vorbei sind. Es ist wahrscheinlich, dass wir in den kommenden zwei Jahren das Niveau um die Jahrtausendwende und höher erreichen müssten, (damals lag der EZB Zinssatz zeitweilig bei 4,75%) um die Inflation in den Griff zu bekommen. Neben den konjunkturellen Auswirkungen besteht dabei eine zusätzliche Herausforderung darin, die Zahlungsfähigkeit der hoch verschuldeten südeuropäischen Staaten aufrechtzuerhalten.

Bedeutet das ein Ende der Negativzinsen?

Davon ist auszugehen. Die Einlagenzinsen folgen in der Regel – mit etwas zeitlichem Abstand  ̶̶   der Entwicklung der  Kreditzinsen. Die Erhöhung der EZB um 0,5% neutralisiert die bisher fälligen Verwahrzinsen der Banken für EZB Einlagen in Höhe von -0,5%.

Welche Auswirkungen hat das auf Industrie und Privathaushalte, die durch die Pandemie und den Ukraine-Russland-Krieg bereits hart getroffen sind?

Kredite werden teurer. Die Kapitalkosten steigen und dämpfen damit die gesamtwirt-schaftliche Nachfrage, weil die Bereitschaft der Geldgeber beeinträchtigt wird, in Innovationen, strategische Initiativen oder etwa Übernahmen zu investieren. Die höheren Zinsen stärken zudem den derzeit schwachen Euro, damit wird weniger Inflation importiert, die Exporte werden teurer. Problematisch ist, dass die Herausforderungen aus dem Ukraine Krieg oder der Lieferkettenproblematik bestehen bleiben und weiter inflationstreibend wirken.Im privaten Bereich erhöhen sich die Kreditzinsen, wenn diese durch den Kreditgeber variabel gestaltet werden konnten und nicht langfristig vereinbart wurden.
Grundsätzlich  ist davon auszugehen, dass sich Konsumenten- und Immobilienkredite signifikant verteuern werden, zumal dann, wenn Bonität̶̶s-getriebene Risikoaufschläge dazukommen.

Wie können und müssen die Unternehmen jetzt  ̶̶   nach der Erhöhung des Leitzinses  ̶   vorausschauend reagieren?

Gute Frage. Das hängt natürlich sehr stark von der jeweiligen Ausgangslage des Unternehmens ab. Problematisch ist, dass die Unternehmen aufgrund der Rahmenbedingungen sich ggfs. stärker verschulden müssen als geplant, etwa  Automobilzulieferer, die gleichzeitig einen Technologiewandel finanzieren müssen.

Fatal wäre, wenn aufgrund der gegenwärtigen Entwicklung wichtige Investitionsvorhaben wie im Bereich der Digitalisierung zurückgestellt werden. Die Unternehmensleitung sollte Preisgestaltungsmöglichkeiten und nicht-strategische Kosten identifizieren, die aggressiv beschnitten werden können, um die betriebliche Leistung abzusichern und strategische Initiativen zu schützen. Dies kann durch Taktiken wie die Beseitigung unnötiger Gemeinkosten, die Eliminierung leistungsschwacher Anlagen oder der Senkung der Beschaffungskosten durch proaktive Beschaffung und Neuverhandlungen erreicht werden, um Preiserhöhungen von Lieferanten  soweit möglich  zu begrenzen, weiterzugeben oder anderweitig zu steuern.

Angesichts des Inflationsniveaus ist eine Verlangsamung der Konjunktur unvermeidlich. Wir sehen das bereits im Einzelhandel, der in Deutschland im Juni im  Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,8% geschrumpft ist. Führende Unternehmen werden die unternehmens- und branchenspezifischen Auswirkungen sorgfältig prüfen und einen Ansatz entwickeln, der es ihnen ermöglicht, in strategische Prioritäten zu investieren und gleichzeitig intelligente Kostensenkungen vorzunehmen, um  ̶  ungeachtet der Volatilität, die sie möglicherweise erleben  ̶  Umsatzwachstumschancen wahrzunehmen.

 

 

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