Auch zum Ende des Fiskaljahres 2016 entwickeln viele Unternehmen eine hektische Betriebsamkeit, um ihren Cash-flow-Bericht zu schönen: Zahlungen an Zulieferer werden über Gebühr verzögert, ausstehende Rechnungen werden rigoros eingefordert und die Lager und Bestände werden abgebaut. So wird die Working Capital Performance kurzfristig optimiert – diese Liquiditätskosmetik übersteht aber kaum das erste Quartal des folgenden Geschäftsjahres.
Ein Gastbeitrag von Paul Moody, Direktor bei REL, einer Tochter unseres ICV-Firmenmitglieds The Hackett Group. Moody ist verantwortlich für die Projektplanung in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Schwerpunkte sind u.a. Working Capital Management und Supply Chain Optimierung.
Die hektischen Maßnahmen zum Ende des Geschäftsjahres erinnern oft an Radikaldiäten: Das abgebaute „Gewicht“, also die so verkürzte Kapitalbindungsdauer, wird schnell wieder im YoYo-Effekt aufgebaut und zeitigt zudem ungesunde Nebenwirkungen: Das Geschäftsjahr wird unter falschen Voraussetzungen gestartet, die nichts mit der realen Marktsituation zu tun haben, die Unternehmensstruktur und -strategiewerden falsch belastet und ungenügend umgesetzt. Auch die Beziehungen zu den Zulieferern werden empfindlich gestört und der Kundenservice wird negativ beeinflusst – langfristig wird die Profitabilität gefährdet durch solcherart Endspurt.
Zehn Gebote für nachhaltige Verbesserung ohne YoYo-Effekte
Dabei gibt es Regeln und Gebote, mit deren Befolgung die Kapitalbindungsdauer nachhaltig verkürzt und die Unternehmensliquidität ebenso nachhaltig optimiert wird. Ihr Vorteil: Sie sind relativ einfach umsetzbar in die unternehmerische Praxis, obwohl sie die für die Working Capital-Effizienz wichtigen Prozesse und Verfahren beeinflussen und verbessern – ohne jegliche hektische Torschlusspanik vor Ende des Fiskaljahrs.
- Das unternehmerische Rechnungswesen und die Finanzabteilung müssen sich auf die wichtigen Kundenkonten konzentrieren und strategisch wirksame Forderungstechniken entwickeln – mit korrekten und fairen Kreditbedingungen und Zahlungszielen für die Kunden.
- Ein aktives Beschwerdemanagement, basierend auf klaren internen Vorgaben und Transparenz bezüglich Preisen, Skonti und sonstigen Preisabschlägen, Qualitäts- und Mengenzusagen, etc. verhindert Zahlungsverzögerungen und verbessert den Kundenservice.
- Die Zahlungsbedingungen und –ziele für wichtige Schlüsselkunden müssen sorgfältig analysiert und angepasst werden.
- Entsprechend müssen die Zahlungsbedingungen mit den Lieferanten vereinbart werden, um die Liquidität sicherzustellen und Forderungen und Verbindlichkeiten zu harmonisieren.
- Zahlungsroutinen müssen neu ausgerichtet werden: Zu schnelle Zahlungen müssen abgebaut und Lieferanten müssen gemahnt werden, wenn ihre Vertragstreue zu wünschen lässt. So wird Liquidität geschaffen und die Prozesseffizienz gesteigert.
- Bestandshaltung und Warenwirtschaft muss soweit wie möglich auf schnelldrehende und saisonal beeinflusste Posten hin ausgerichtet werden, um überflüssige Bestände gegen Jahresende zu vermeiden.
- Die Planung zum Jahresende muss bereits die Bedingungen im folgenden ersten Quartal berücksichtigen. Zudem sollten die Kunden die Möglichkeit haben, Jahresendlieferungen zu speziellen Bedingungen zu erhalten. So kann der Abverkauf forciert werden mit der Folge weiterer Bestandsreduzierung.
- Langsamdrehende Produkte und Fertigwaren, die zu veralten drohen, müssen rasch verkauft werden, um Wertberichtigungen/Abschreibungen zu vermeiden.
- Die funktionalen Kennzahlen müssen direkt mit den unternehmensweiten Working-Capital-Zielen verknüpft werden. Dazu gilt es, auch den Grad der monatlichen Leistungsentwicklung zu definieren, mit dem die Jahresendziele erreicht werden können.
- Schließlich muss ein vollständiges Berichtswesen installiert werden, das die Auswirkungen all dieser Working-Capital-Einflussfaktoren exakt erfasst und abbildet: Sowohl für den Geschäftsalltag, als auch für das Management, das durch die so geschaffene Transparenz auch die langfristige Nachhaltigkeit der Veränderungen sichern kann.
Doppelte Auswirkung
Wenn diese zehn Gebote konsequent und stringent befolgt werden, stellen sich nicht nur sehr schnell Erfolge ein – damit wird auch die Grundlage geschaffen für eine nachhaltige Working Capital-Optimierung: Prozesse werden effizienter, die Mitarbeiter ändern zielgerichtet ihr Verhalten, der Umgang mit und das Verhältnis zu Kunden und Zulieferern wird optimiert.
Aber auch bei der Umsetzung dieses Programms steckt der Teufel im Detail: Diese zehn Gebote müssen exakt und mit Vorbedacht befolgt werden. Es genügt also nicht, nur die Diskrepanz zwischen dem Status quo und den strategischen Zielen zu definieren. Die Unternehmen müssen die Lagerhaltung und Warenwirtschaft und das prozessuale Wechselspiel zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten gründlich analysieren und verstehen. Nur dann können sie Optimierungschancen erkennen und auch umsetzen.
Noch einmal: Nur kurzfristig wirksame kosmetische Maßnahmen im Working-Capital-Bereich wie eingangs beschrieben, kommen die Unternehmen oft teuer zu stehen und belasten das Verhältnis zu den Kunden und den Zulieferern. Strukturelle Veränderungen durch die Befolgung dieser zehn Gebote sind übers Jahr gesehen (und langfristig darüber hinaus) weitaus produktiver und erfolgreicher.
[…] REL, hat einen 10-Punkte-Plan aufgestellt, der dabei hilft, diese Probleme früh zu vermeiden. Sein Ansatz zielt auf Supply-Chain-Optimierung ab. Zahlungsroutinen, Zahlungsbedingungen, Beschwerdemanagement und die daraus resultierende […]