In seiner Kolumne “Das Creditor-Value-Prinzip”, FTD vom 19.5.09, S. 24, stellt Tobias Bayer, Redakteur im FTD-Finanzressort, einen interessanten Gedanken zur Entstehung der Finanzkrise vor. Aktionäre und Vorstände, insbesondere auch bei Banken, waren an einer Steigerung des Shareholder Value interessiert. Wie wurde diese erreicht? Indem Banken Risiken eingingen, die bei vernachlässigungswürdigem Eigenkapital nur knapp oberhalb falsch kalkulierter Fremdkapitalkosten waren. Die Fremdkapitalkosten waren nicht dem Ausfallrisiko entsprechend berechnet, da der Staat die Kundeneinlagen, unabhängig von bestehenden Regeln, immer Decken würde, um ein Kollabieren des Finanzsystems zu verhindern. (Lehman Brothers war wohl die Ausnahme oder zu früh). Die Banken sind daher immer mehr Risiken (mit niedrigeren Renditen) eingegangen, solange die Anlagerendite oberhalb der falsch kalkulierten Fremdkapitalkosten lag. Jede Vabanque-Aktion mit einer Überrendite (Aktivzins – Passivzins => 0) erhöhte den Shareholder Value.
Was sind die Forderungen von Tobias Bayer:
- eine richtige Ermittlung der Fremdkapitalkosten, insbesondere für Anleihen, um einen Creditor-Value zu erzielen. (Anm.: Shareholder Value + Creditor Value + Stakeholder Value = Corporate Value?)
- eine Lösung der Vorstandsentgelte vom Shareholder Value bzw. der Aktienperformance.
T. Bayer erwähnt auch eine Analyse jüngeren Datums von Shams Pathan an der australischen Bond-University. Nach dieser Untersuchung von 212 großen amerikanischen Bankholding-Gesellschaften zwischen 1997 und 2004 fahren insbesondere diejenigen Institute einen “heißen Reifen”, d.h. äußerst chancen- aber auch risikobehaftete Strategien, deren Kontrollgremium durch entsprechende Bezahlung stark an den Interessen der Aktionäre gepolt ist.
Gefordert sind kluge Köpfe, die das Problem der Performance-Messung neu schreiben und zur BWL-Pflichtlektüre machen. Als Unterstützter dieser Reform erwähnt er insbesondere Lucian Bebchuk, einer der 100 renommiertesten US-Professoren zur Thema Corporate Governance, und den Bestseller “Pay without Performance”.